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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Marlies' Fülle des Seins


Meike Lalowski
26.03.2004, 18:35
Heute findet in der Galerie Wilhelmshof die Vernissage zu der Ausstellung


Die Fülle des Seins


statt, die noch bis Ende Mai zu sehen ist. Und zu sehen sind Bilder von Marlies Biermann, die in eindrucksvoller Weise eine (ihrer vielen) Lebensgeschichten spiegeln.

Marlies hatte mich gebeten, die Laudatio zu halten, aber da heute ein Jahresgruppenwochende beginnt, konnte ich nur schriftlich meine Gedanken sortieren und Ingrid bitten, diese für mich vorzutragen. Wen es interessiert, warum ich es ans Herz lege, diese Ausstellung zu besuchen, kann es im folgenden gern nachlesen!


Liebe Marlies!

Kennengelernt haben wir uns in meiner kleinen Buchhandlung, es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Und was uns über gewisse und nicht gerade unwichtige Dinge aus dem ganz normalen Leben verbindet (wie z.B. drei Kinder allein groß ziehen oder diese leicht verrückte Opernlust oder diese Suche nach Gott) ist zweierlei:

Die Liebe zu Geschichten und die Liebe zu Farben.

Während ich mit Hilfe bunter Farben Reisen durch unsere Seelen begleite, stehst Du mit Deiner Palette in der Hand vor der Leinwand und zauberst Deine Seelen-Reisen ins Sichtbare.

Welch Glück für uns, denn so können wir jetzt mit Dir eine sehr vielschichtige Geschichte Deines Lebens anschauen. Sie lesen, in die Herzen nehmen. In uns neu erleben.

Schau mal, sagst Du zu mir: ich verstehe jetzt erst, was ich vor 13 Jahren gemalt habe. Eine leere Lebensbühne! Und dann sagst Du erst einmal gar nichts mehr.

Was auch immer hinter einer solchen Einsicht stehen mag, so lässt Du Deine Geschichte beginnen: mit der leeren Lebensbühne. Und sie endet mit der Fülle des Seins - kann ein Spannungsbogen größer sein?

Der Höhepunkt des Spannungsbogens kommt erst recht spät, mit Bild Nr. 15 auf unserem Zettel: Die Auferstehung. Ein wunderbares Bild, das zu Recht die Einladung schmückt. Und es trägt wahrlich keinen harmlosen Namen. Denn Auferstehung setzt eine Kreuzigung voraus.

Sich der eigenen Kreuzigung zu stellen ist die größte Herausforderung, die Menschen zu leisten haben.

Einer hat es uns vorgemacht. Und immer wieder gesagt: meine Botschaft an die Welt ist die Auferstehung. Die bedingungslose Liebe zu dem Nächsten, auch und insbesondere wenn er der sein mag, der uns ans Kreuz geschlagen hat. Ich sehe jeden meiner Schwestern und Brüder ohne Schuld. Ausnahmslos.

Wir wissen, dass dieses wie ein Gleichnis nach innen zu nehmen ist. Wir kreuzigen ja nicht nur den anderen, sondern vor allem immer nur uns selbst. Und uns selbst zu vergeben, ist die größte Herausforderung. Ohne eine solche Vergebung ist die Fülle des Seins nicht erlebbar.

Deine Kreuzigung kommt nicht als einzelnes Bild, so wie es kein einzelnes Erlebnis in Deiner Lebensgeschichte ist. Mehr ein Grundthema, das sich wie ein roter Faden durch alle Deine Bilder zieht.

Du sagst zu mir: Seit ich denken kann, suche ich das Licht. Im weiten Himmel, in anderen Menschen, in einem fernen Gott, in Musik und Traum. In Farben. Eine tiefe und scheinbar nicht zu beantwortende Sehnsucht. Und wenn Du Dein zweites Bild Gefangen im Licht nennst, sehe ich vor allem darin das Gefangensein in der Suche nach dem Licht.

Die Namen Deiner Bilder sprechen davon, ich greife hier einmal den Titel Schwere-Los heraus. Er ist so vielschichtig in seiner Bedeutung wie beispielhaft für Deine Suche: das schwere Los leben zu müssen, und sie schlichtweg los zu werden: die Schwere des Lebens.

Doch wir können nicht aus der Schwere des Lebens verschwinden, in dem wir in andere Welten fliehen. Das Leben lässt uns nicht los!

Bild für Bild malst Du uns Deinen Kampf mit der Sehnsucht und vor allem mit dem, was ihr im Wege steht.

Und während die christliche Passionsgeschichte uns eine Kreuzigung im Außen zeigt, zeigst Du, dass wir sie in uns finden müssen. Du hast sie gefunden durch das Erleben einer Krankheit, die Dich zwang, ganz tief einzutauchen in die Konfrontation mit der Möglichkeit zu sterben. Und glaube mir, Marlies, Tod hat nichts mit Sterben zu tun, sondern nur mit Angst. Mit der Angst vor dem Leben.

Das Bild Auferstehung ist während dieser Zeit entstanden, drei Jahre lang hast du an ihm gearbeitet. Eine gleichzeitige Erfahrung: Im Leben die Kreuzigung als Auseinandersetzung und Überwindung der Krankheit, in der Seele die Auferstehung durch die Erkenntnis: Ich brauche das Licht nicht zu suchen – ich habe es in mir!

Was sehen wir auf dem Bild? Eine starke Frau, nackt, ohne Schutz, ohne Ziel. Sie ist der Mittelpunkt. Sie ist die Meisterin ihres Lebens. Ganz für sich, ganz bei sich und ganz aus sich strahlt sie in alle Richtungen die Kraft des Lichtes in die Fülle aller Farben des Regenbogens. Sie gestaltet die Grundlagen ihres Seins, tanzt über die Häuser des Lebens, zur Rechten die Leinwand, zur Linken die Musik, über ihr die kleinen dicken Engel – ja auch die fehlen nicht. Sie ist bei sich angekommen. Im Hier und Jetzt. In ihrer Kraft. In ihrem Licht.

Was kommt bei Dir nach der Auferstehung? Die Erkenntnis. Kein Eiapopeia einer heilen Welt, sondern einfach die Wahrheit. Aufgemacht heißen zwei folgende Bilder. Aufgemacht I und II. Hier der aufgemachte Körper, ein Sinnbild für die aufgemachte Verletzbarkeit. Und da die Frau, die sich aufmacht. In den Tanz ihres Lebens.

In die Fülle des Seins.

Bevor ich zu meinem letzten Gedanken komme, möchte ich mich bei Dir, Ingrid, ganz herzlich bedanken dafür, dass Du diesen Brief liest. Und Dir versichern, dass meine Liebe zu Marlies gar nicht anders kann als Dich mit einschließen. Und: Ich glaube nicht, dass diese Auferstehungsgeschichte ohne Dich so geschehen wäre!

Und nun der letzte Gedanke: Deine Lebensbühne, Marlies, war nie leer. Sie ist nur ein Teil Deiner Geschichte. Ein Grundstein, den Du brauchtest, um Raum zu bekommen für Deine lichtvolle und farbenfrohe Lebensmusik! Nach all dieser Zeit.

Wir können sie miterleben in Deinen Engeln und Lichtwesen und in den Landschaften, Da wo der Himmel Farben regnet.

Ich wünsche Euch allen einen wunderbaren Abend und ganz viel Berührung mit einer Geschichte, die uns alle berühren kann, wenn wir es nur zu lassen!

Deine und Eure Meike

Galerie Wilhelmshof
Heider Str. 29
Tellingstedt
Tel: 04838/920

Öffnungszeiten:
Di-Frei.: 17.00-22.00 Uhr
Sa.: 15.00-22.00 Uhr
So.: 15.00-18.00 Uhr


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Meike Lalowski




[This message has been edited by Meike Lalowski (edited 26 March 2004).]

Marlis
29.03.2004, 21:01
Liebe Meike,
zunächst nochmal ganz lieben Dank für diese faszinierende Einleitung zu meiner Vernissage. Es ist schon erstaunlich, wie Du in Worte kleiden kannst, was ich in meinen Bildern darstelle. Oft bin ich ganz überrascht, was Du so alles siehst!
Die Laudatio wurde sehr schön und eindrucksvoll von Ingrid vorgetragen und die Menschen waren umwerfend still. Auch die Musik, die Tosse vor Beginn der Eröffnung spielte, war wie verzaubert. So war der Vorspann für mich am beeindruckendsten.
Anschließend gingen die Menschen still und versunken durch die Ausstellung und ich "tüffelte" mit. Mir war so, als wenn ich das ganze Geschehen von irgendwoher betrachte und fühlte mich gar nicht als Hauptperson. Ich bin froh, dass der Zyklus jetzt dort zu sehen ist und ich ihn abgeben konnte an andere. Ingrid ist fleißig im Gespräch mit den Menschen gewesen und hat viel mehr erfahren als ich. Menschen, die sich und ihre Gefühle in den Bildern wiederfanden oder gar neue Gefühle entdeckten. Eine Frau lugte immer mit angstverzerrtem Gesicht zwischen den Standtafeln auf ein dahinterliegendes Bild. Sie erzählte mir, dass sie sich maßlos fürchtet, dabei ist "Die Engelin" für mich ein sehr liebes, harmonisches Bild. Das war schon sehr spannend!
Ich empfinde diese Ausstellung als eine Bereicherung für mich und sicherlich ist sie dieses auch für andere. Ich wünsche mir, dass viele Menschen ihren eigenen Eindruck bekommen und bin gerne bereit, mich mit denen, die sich dafür interessieren, in der Galerie zu treffen.
Liebe Grüße
Marlies

Viola Edelhagen
15.04.2004, 08:49
Liebe Forum-Fans!
Ich war in der Ausstellung mit Marlies' Bildern. SOOOO klasse! Ich möchte
allen Forum-Menschen einen Besuch in Tellingstedt ans Herz legen, denn
dort liegen diese Bilder genau richtig: im Herzen.
Liebe Ostergrüße! Viola.