„Es war einmal ein sehr kleines Kind, das unter einer Eckbank saß und mit seinen großen Angstaugen die Umgebung des Lebens beobachtete.
Tag um Tag um Tag und Nacht für Nacht für Nacht saß es dort und fraß all die Schrecklichkeiten dieser Umgebung in sich hinein.
So wurde das Kind immer dicker und dicker, so dass es sich nach einer Zeit in dieser Eckbankecke nicht mehr rühren konnte; ja nicht einmal mehr abwenden konnte es seinen Blick von all den Furchtbar-Keiten der Umgebung jenseits seiner Höhle.
Nach einer Zeit begannen sich die Schreckensdinge zu wiederholen. Das Kind wimmerte, und es wurde nicht gehört. Das Kind rief, und es wurde nicht gehört. Das Kind schrie, und es wurde nicht gehört. Das Kind brüllte, und es wurde gehört.
Der warme Hauch des wissenden Kindes kam herangeflogen und wisperte dem brüllenden Kind ein Wort ins Herz.
Das Kind brüllte.
MUTTER
Mit zögerlichen Schritten näherte sich eine blasse, beinahe durchsichtige Frauengestalt mit gesenktem Blick dem Kind.
Das Frauenwesen setzte sich der Eckbankecke gegenüber auf den Boden.
Den Blick noch immer nach unten gerichtet streckte die Gestalt die linke Hand aus, kam aber nur bis zu einem Vorhang aus dicken Spinnweben, die sich zwischen der Kinderhöhle und seiner Umgebung gebildet hatte.
Die Gestalt zog ihre Hand zurück und verharrte eine Zeit lang.
Die Gestalt setzte sich gerade hin
Die Gestalt hob den Blick
Die Gestalt sah durch den Spinnwebvorhang direkt in die Augen des Kindes
Die Gestalt sah durch den Spinnwebvorhang direkt in die Augen ihres Kindes
Die Gestalt sah direkt in die Augen ihres Kindes
Die Gestalt sah direkt in das Herz ihres Kindes
Der Vorhang schmolz
Die blasse, beinahe durchsichtige Frauengestalt wurde für das Kind immer klarer erkennbar
Das Kind sah direkt in die Augen seiner Mutter
Das Kind atmete flach
Die Mutter atmete tief ein und aus
Bei jedem Einatmen nahm die Mutter die Angst des Kindes in ihr Herz
Bei jedem Ausatmen gab die Mutter aus ihrem Herzen dem Kind ihre Liebe
Die Gestalt des Kindes veränderte sich.
Das Kind konnte sich bewegen.
Das Kind atmete tief ein und aus.
Die Mutter nahm ihre kleine Tochter in den Arm. Das Mädchen umarmte voller Vertrauen seine Mutter.
Dann gingen Mutter und Tochter Hand in Hand ins Jetzt.“
Liebe Ingrid, ich umarme Dich. Danke für Deinen Beitrag.
Liebe Grüße von meinem inneren Geschichtenkind.
Viola
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