Liebe Silke, gib Deiner Wut alle Ehre und soviel Raum, wie sie braucht – auch dafür sind die Geschichten in der Welt.
Ob wahr erdacht wirklich geträumt gelogen real, alles nur Wortspiele. Leben ist Geschichten erzählen und ihnen dann zuhören - auch wir sind nichts anderes als Geschichten, dis sich selbst zuhören. Darum haben wir die Möglichkeit, sie immer wieder zu erzählen, bis wir sie in alle Möglichkeiten ausgesponnen haben. (Mein Sohn soll heute eine Philosophie-Arbeit über den Sinn des Lebens schreiben – als er mich zwischen Haare stylen und Zähne putzen fragt, ob mir dazu was einfällt, ist es genau das – wir können gespannt sein auf die Zensur ! )
Auch die Geschichte von Maria Magdalena muss immer wieder neu erzählt werden, denn es ist unsere. Ich greife noch einmal zu Luise Rinser, ihr Buch endet damit, dass Jeshua endlich zu der Frau in der Felsenhöhle spricht:
- „Du willst mich verlassen, Gefährtin? Du willst abspringen vom Rad, hinein in die selige Leidlosigkeit, während ich das Gesicht der Erdenmaterie hinaufzuziehen mich abmühe? Du lässt mich allein? Du verlässt den Platz unterm Kreuz, an dem ich hänge? … Mirjam, du wirst den Aufstieg leisten, die Menschheit wird ihn leisten, und du wirst bleiben, bis er geleistet ist und das Friedensreich sich gründet.“
Dann schwieg die Stimme, und das Licht erlosch. Langsam erlosch es, um mich nicht zu erschrecken mit plötzlicher Dunkelheit. Dies aber war das letzte Mal, dass mir vergönnt war, das Licht zu schauen ...
Karg hielt mich mein Geliebter, und streng nahm er mich beim Wort: Ich brauche keine Wunder und keine Gesichte, um an dich zu glauben, Rabbi!
Die Dunkelprobe, der Nachtweg, die Blindheit.
Doch wenn das Dunkel am schwärzten ist und der Pfad sich verliert, dann ist er nahe, der Gott, doch … nimmt er die Gestalt eines Menschen an, denn nur als Mensch kann der Gott dem Menschen helfen.
So bleibe ich denn, und bin nichts mehr als das Warten auf das Friedensreich. –
So schreibt Frau Rinser. Ich erzähle diese Geschichte weiter. Warten so: Sie steigt heraus aus ihrer Felsenhöhle, sie lebt, immer wieder. Alltag. Christusliebe zum Anfassen. In mir. Durch mich. Für alle.
Zu Deiner Erinnerung, Maren: Diese Kraft der Mütter und Geliebten auf Erden zu verschleiern mag bis in die
Sprache reichen. Dabei beschreibt der Kurs genau diese Kraft: zu bleiben bis keine Kreuzigung mehr stattfindet, denn keiner hier steigt auf ohne nicht auch die letzten Schwestern und Brüder mitgenommen zu haben.
Beten mitten im Leben.
Liebe Marena, ein Sandkorn braucht möglicherweise viel blau, aber vergiß nicht: es verkörpert rot - wenn bewußt dann strahlend!
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Meike Lalowski
[This message has been edited by Meike Lalowski (edited 27 April 2004).]