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Alt 09.08.2004, 12:23   #3
Iris
Gast
 
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Mein leises Nachhaken, ob sie katholisch oder evangelisch erzogen worden sei, schien sie überhört zu haben. Auf keinen Fall wollte ich den dünnen Faden der durch die Schokolade zwischen uns gesponnen worden war, abreißen lassen. Daher hakte ich erneut nach: "Oder wollen sie in Rio etwa Jemanha, der Göttin des Meeres, huldigen? Sie müssen wissen, Brasilien steckt voller spiritueller Gruppen bedingt durch die Geschichte, die einen hervorragenden Nährboden dafür bot. Sie wissen schon, die Portugiesen, die hier einwanderten, die Indianer und schwarzen Sklaven." Was hatte ich da schon wieder von mir gegeben. Hätte ich nicht wie ein normaler Mann vorsichtig nachfragen können, was eine junge Frau wie sie allein in Rio macht? Reist sie überhaupt allein? Wird sie in Rio erwartet? "Wie heißen Sie eigentich?", hätte ich fragen können. Stattdessen ein klägliches: "Und wie sind sie?" Und nun das!
"Ich wollte Ihnen gerade antworten, weder katholisch noch evangelisch, sondern esoterisch", prustete mir meine sympathische Nachbarin entgegen, daß ich schon fürchtete, sie hätte sich an der Schokolade verschluckt. "Entschuldigen Sie, sagte sie, Sie können nichts dafür. Nur versuche ich gerade allem, was mit Esoterik zu tun hat, zu entkommen - und da sitzen Sie neben mir und fangen an, mir von dem spirituellen Leben in Brasilien zu erzählen!"
"Nun ja, das war vielleicht nicht gerade geschickt von mir. Vielleicht hätte ich eher nach Ihren Namen fragen sollen oder was eine Frau wie Sie dazu bewegt, allein im Flieger nach Rio zu sitzen?" Nun war es raus.
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