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Alt 30.01.2008, 09:44   #3
Meike Lalowski
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... und an jedem dieser 7 Tische sitzt unser Hans Castorp bummelig ein Jahr.

Auch isst er wohl von diesem und jenem Tellerchen oder trinkt aus diversen Becherchen - schläft (im übertragenen Sinne) in den Persönlichkeitsbettchen seiner Zauberbergmitmenschen. Anders ausgedrückt: Thomas Mann hat ausdrücklich einen uninteressanten Helden geschaffen, der nur deshalb (s)eine Bedeutung entwickelt, weil er in der selbstgewählten Hermetik des Sanatoriums nicht nur in der Zeit verloren geht, sondern sich genau dadurch im Spiegel der anderen erleben lernt. (Ihr seht: ich lerne lange Sätze!)

Im letzten Kapitel heißt es auf S. 796:

"Er täuschte sich auch nicht darin, dass die Mitglieder seines buntscheckigen Freundeskreises sich wenigsten daran gewöhnen, dass sie sich nicht aneinander gewöhnten: Spannungen, Fremdheiten, sogar stille Feindeseligkeiten gab es ganz selbstverständlich zwischen ihnen, und wir wundern uns selbst, wie es unserem unbedeutendem Helden gelingen mochte, sie um sich zu halten, - wir erklären es uns mit einer gewissen verschmitzten Lebensfreundlichkeit seines Wesens, die ihn alles "hörenswert" finden ließ und die man Verbindlichkeit selbst in dem Sinne nennen könnte, dass sie nicht nur ihm die ungleichartigsten Personen und Persönlichkeiten, sondern bis zu einem gewissen Grad sogar diese untereinander verband."

Aber ein Schneewittchen ist dieser NichtHeld nun doch nicht, eher ein Junge mit Schwefelhölzern (Schneekapitel!), wie sich so einige Hinweise auf insbesonders Andersens Märchen im Zauberberg finden lassen - darüber gibt es jedenfalls ein ganzes Buch von Herrn Maar.

Ich wünsche Euch weiterhin eine märchenzauberhafte Lektüre.

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Meike Lalowski




[This message has been edited by Meike Lalowski (edited 30 January 2008).]
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