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Alt 09.03.2003, 17:33   #5
Jens
Gast
 
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Cool

Hallo Silke,

zunächst möchte ich Dir sagen, dass wohl jeder das Gefühl kennt sich schuldig zu fühlen oder zu finden, dass jemand anders schuld hat. Aber viel schlimmer finde ich das Gefühl mich schuldig zu fühlen. Und bevor ich versuche, jemanden anderen zu „entschuldigen“ muß ich zuerst bei mir selbst beginnen.

Hierbei ist es ganz wichtig sich selbst zu vergeben. Dabei mach ich einen Unterschied zwischen entschuldigen und vergeben.

Das Entschuldigen ist eine Geste in der Art „Gnade vor recht ergehen zu lassen“. Sie wirkt von oben herab. Im Entschuldigen klingt nichts des Verstehens nach. Werde ich also entschuldigt, kann ich mich dennoch weiterhin schuldig fühlen. Vielleicht noch schlimmer als vorher.

Vergeben ist dagegen etwas ganz anderes. Hierbei wird Verständnis aufgebracht. In knappen Worten: es ist zwar nicht gut, dass Du (ich) das und das gemacht habe, aber ich kann Dich (mich) verstehen, warum Du (ich ) das gemacht habe. Ich kenne das auch an mir.

Bevor ich jemanden anders vergeben kann, muß ich zuerst mir selbst vergeben können. Das geht aber nur, wenn ich auch meine „schlechten“ Anteile in mir sehe, akzeptiere und auch umarmen kann.

Ich glaube, dass wir den Fehler machen, alles Schlechte und all das, was wir nicht mögen oder wollen, bei anderen und ganz besonders bei uns wegzumachen. Dieses Wegmachen (eliminieren) ist im wesentlichen Maße eine Produkt unserer Kultur, die da fordert, sei hilfreich und gut. Das Böse sei nichts göttliches und gehöre somit ausgerottet.

Da wir aber Menschen mit gleichen Anteilen von Gut und Böse sind, werden uns gerade die schlechten Anteile sein, die uns immer schuldig fühlen lassen und andere schuldig sprechen lassen.

Beginnen wir also bei uns selbst, uns zu vergeben. Dann können wir auch den anderen vergeben.

Das ist nun meine Antwort auf die Frage „Ist Schuld ohne Freiheit möglich?“ NEIIN ! Denn jeder von uns hat die Freiheit, daran etwas zu ändern.
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