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Alt 15.03.2006, 09:56   #2
Meike Lalowski
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Meike Lalowski befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
Daumen hoch

Liebe Silke,

so ist es wohl einzuschätzen: durchtherapiert, durchgespiegelt, spirituell gut im Training – und dann bringt uns etwas derart zu Fall, dass kein Sicherheitssystem mehr greift. Und dieses „derart“ muss sich natürlich so einspielen, dass es uns wirklich erwischt. Es ist dann ein harter Fall aus dem Paradies, aber (so sieht es aus) ein sehr wirkungsvoller. Der Einbruch einer "einmaligen" Liebesgeschichte mit dem Hochzeitsverprechen berührt mit Chance einen Urvertrauensverlust, dem sich hier irgendwann noch jede(r) stellen muss …

Schwacher Trost, was ich auch nicht möchte und nicht kann: Dich trösten. Aber ermutigen, dann doch darauf zu vertrauen, dass es eben genau diese hohe Minne sein musste, die dich so tief zu Fall brachte, dass du einen bisher eben nicht erreichten Schmerz erreichen kannst- wer oder was hätte es sonst geschafft?!

Was kann ich Dir schreiben, was Du nicht schon weisst? Wut ist die Schwester von Ohnmacht und beidem liegt die tiefe Untröstlichkeit zu Grunde, dass letztlich nichts auf dieser Welt unsere Sehnsucht beantworten kann. Nichts und eben auch niemand. So ist verständlich, dass Dich NachtfalterundSchmetterling berühren konnten als andere Seite der Zerstörungswut und Rachegelüste: sie sind die hauchzarten und wunderschönen Antworten auf die Unweigerlichkeit des Lebenstanzes: Symbole des „Stirb und Werde“. Nichts und niemanden auf dieser Welt können wir für immer halten.

Hier liegt eine Spur: die rachelüstern tobende Silke ist eine Verpuppung. Und die Entfaltung der zarten, durchsichtigen und auch verletzbaren Silke wird nicht durch Widerstand gelingen, nur durch Hingabe an den Lebenstanz, wie er ist. Manchmal aufgespielt durch jene Lieder, die einem im Halse stecken bleiben mögen, wenn wir sie wirk=lich singen müssen. Wehr Dich nicht gegen die rauen Töne, Deine „unheiligen“ Gefühle, gib Ihnen Zeit und Raum, sie werden sich von selbst überholen. Entlasse Deinen Liebsten in seinen Lebenstanz, seine Schritte sind genauso wertvoll und genauso weise wie Deine (und zu rächen brauchst du Dich schon gar nicht - das geht nur nach hinten los. Nicht nur ein Elizabeth-George-Krimi hat den schönen Titel: "Mein ist die Rache" , mit dem sie Gott (sic!) zitiert und was sehr tief verstanden sein will (so ähnlich wie Rüdigers Lieblingssatz mit dem Feind, der Leiche und dem Fluss - was auch sehr tief verstanden sein will ...)).

Interessant, diese Verschreiber (hallo Sabine): „Steck irgendwie alles fest.“ Da macht das fehlende „t“ sehr deutlich, dass Du es bist, die kraftvoll etwas vermeiden möchte. Liebe Silke: keine Chance: vermeiden gildet nicht – hab sie lieb, die kleine tobende Puppe mit all ihren Gefühlen. Nur dann kann sie fliegen!

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Meike Lalowski


[This message has been edited by Meike Lalowski (edited 15 March 2006).]
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