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Alt 15.10.2005, 19:12   #1
Viola
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Beiträge: 89
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Viola
Daumen hoch

Vor Dänemark...

„.... geht bald los. Countdown. Aufregung. Vor- Freude. Schlecht einschlafen können. Erwartungen. Fragen. Alles dabei? Farbrose? Helferflasche? Theaterrequisiten? Unterlagen fürs Theaterspielen? Klamotten? Bettzeug? Essen? Trinken? Dänisches Geld? Hat die Nachbarin die richtige Notfall-Handynummer? Genug Katzenfutter geka ... Oh, es klingelt!!!. Meike und Marlies sind da: geht los jetzt.. Tschüss, Katzen! ICH BIN JETZT HIER - WEG!“

In Dänemark....

....war dann alles so ganz anders, als ich es mir -von mir- gewünscht und erwartet hatte.

Was passierte?
Ich packte meine Sachen in dem kleinen Zimmer aus, das ich –wie bereits im Frühling- dort in Dänemark bezogen hatte. Und da kam er, der kleine Gedankensplitter, so ganz nebenbei: „Schau an,, wieder der kleinste Raum von allen hier. Wie früher...“

„Früher“: das Haus, in dem ich groß wurde. Der kleine Raum damals war das von mir hart erkämpfte –ungeliebte- „Klavierzimmer“, das nun „mein eigenes“ Zimmer sein sollte. Ich war zwölf, wollte nicht mehr mit der kleinen Schwester ein Zimmer teilen...

Und jetzt hier, in Dänemark, hatte ich ganz kurz diese Assoziation :schon war die Türe ins Fühlen alter Einsamkeit, Ängste und Unwertigkeitsnummern, die in Scham ihren Höhepunkt erreichten, geöffnet.
Mein inneres Kind hatte die Herrschaft übernommen.

Ich merkte, dass da etwas vor sich ging in mir. Und kämpfte dagegen an, wie Kinder nun mal kämpfen. Bat nicht klar um Hilfe.

Ich wusste plötzlich nicht mehr meine Rolle in diesem „dänischen“ Stück, meine Rolle in der Gruppe der Menschen, die wir mit Meike hier Bewusstseinsarbeit machten. Gedanken wie: „Was darf ich von mir sagen hier, was nicht? Da ist etwas in mir, das will heraus mit seiner Angst, aber darf das sein?“

Meike gab mir (meinem inneren Kind) die Möglichkeit, mich zu öffnen, mein inneres Kind bekam Platz; zu viert saßen wir bei Kerzenschein zusammen: Meine Scham war aber so überwältigend, dass ich diesen Menschen um mich herum ihre Liebe nicht glaubte, meinte Häme zu sehen. Angst vor Strafe (wofür???)
Ich war aus der Liebe, und konnte sie natürlich auch nicht annehmen und fühlen. So tobte mein Kind weiter.

Diese Empfindung, dass ich WUSSTE, dass mir da ein Angebot der Liebe gemacht wurde, an das ich aber nicht glauben konnte, dies war vielleicht am schlimmsten. Gegen Liebe ankämpfen. Puh.

Tja, und "arbeitsmäßig"? Fühlte ich mich sonst bei der Theaterarbeit wie "ein Fisch im Wasser", geriet ich dieses Malinnerlich in Panik, war teilweise hilflos und ohne Worte. Ich war sicher, dass ich so nicht profimäßig arbeiten konnte, wusste jedoch nicht damit umzugehen.

Ein Fisch im Wasser, der denkt, er hätte Lungen- und ertrinkt an diesem Gedanken.

Ich wurde meinem Anspruch nicht gerecht. Da passierte mir etwas, das ich bei anderen Menschen absolut nicht ausstehen kann: persönliche –private- Befindlichkeiten hindern jemanden , seine Arbeit -die eines Profis- angemessen zu verrichten.

Es mag sein, dass Außenstehende meine Hilflosigkeit und meine Scham darüber nicht so bemerkt haben. Dass etwas „abging“ wird man gemerkt haben.

Die Wucht meiner Gefühle, die Scham darüber, die nur ich mit bereite-te, dieses Drama da ganz innen war allein meine Angelegenheit.

Und blieb es, denn Meike hat mir sehr geholfen: sie ließ mich fühlen.

Vor drei Tagen platzte endlich der Knoten.
Dieses „Fühlen“ dauert noch an, ganz allmählich erst bekomme ich Worte dafür.

Die Themen Hilflosigkeit und Scham, Untröstlichkeit und Vertrauensverlusst sind oft Inhalt in der Arbeit mit Meike. In Gesprächen. Lernen. Wissen sammeln.

Dies aber zu fühlen, besonders diese Scham, ist schon heftig, kürverdächtig.

Es geht mir momentan noch immer so: treffe ich jetzt jemanden, der mit in Dänemark war, weiß ich noch immer nicht zu sagen, wie es mir geht, ich wechsele schnell das Thema.

Diese Scham dauert noch an, braucht Zeit.
Meike und ich sprechen darüber,
ganz allmählich werde ich weicher mit mir, beginne- wenn auch noch mit engem Hals- Worte dazu zu bekommen.

Meine Aufgabe sehe ich darin, mein Ver-sagen mir gegenüber zu verstehen und mir meine Scham darüber zu verzeihen. Diese Oper fand nur in meinem Inneren statt. Der Ursprung lag in meiner Vergangenheit.

Langsam komme ich dem Jetzt in mir wieder näher.

Ich danke Euch, die Ihr mit in Dänemark wart, von ganzem Herzen für Eure Liebe und Euer Vertrauen, ich taste mich gerade wieder dahin.
Bis bald! Viola.

[This message has been edited by Viola (edited 17 October 2005).]

[This message has been edited by Viola (edited 17 October 2005).]
Viola ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2005, 13:23   #2
Meike Lalowski
Moderatorin
 
Dabei seit: 12/2002
Beiträge: 486
Renommee-Modifikator: 23
Meike Lalowski befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
Beitrag

Liebe Viola, welch Mut, Dich mit dieser Geschichte in das Forum zu stellen. Welch liebevoller Sieg über die ungeliebte Macht des inneren Kindes …

Zwei Erinnerungen von mir dazu: Nach dem zweiten Theaterstück, das eben nicht ohne Hilfe über die Bühne gegangen wäre, saßen Du und ich allein in der großen leeren Scheune. Ich brauchte gar nichts zu sagen, die Notwendigkeit, sich zu entscheiden, beherrschte den Raum. Und Du konntest es formulieren: Meine Erwachsene würde gern bleiben, aber mein Kind will nur weg. Und so gingst Du dann auch und ich ließ Dich auch ...

Und als wir am letzten Abend eben bei Kerzenschein und Marlies köstlichem Brombeerschnaps in meinem Zimmer saßen, konnte Dein Kind nicht mehr weg. Und so musstest Du ganz tief genau das erleben, was wir alle kennen: wir glauben versagt zu haben, schämen uns in Grund und Boden und können weder irgendwelche Liebe (welch verbrauchte Vokabel!) noch irgendwelche „erwachsenen“ oder gar „weisen“ Einsichten nehmen (wissen wir ja eh alles selbst – das macht es ja grad noch oberbeschissener). Das viele Reden haben wir gar nicht erst versucht. Es gab nur irgendwann eine Hand auf dem Rücken und eben Stille. Raum und Zeit für die Gefühle. Und um Dich herum drei Menschen, die sich einfach nicht wegbeißen ließen (eine Lieblingsverteidigung des beschämten Kindes). Und Du warst unser aller beschämtes Kind – das wahrlich ungeliebteste im inneren Kindergarten (wenn wir mal ganz ehrlich sind).

Danke!


------------------
Meike Lalowski


Meike Lalowski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.11.2005, 00:48   #3
Viola
Benutzer
 
Dabei seit: 03/2004
Beiträge: 89
Renommee-Modifikator: 21
Viola
Lächeln

Danke, liebe Meike, für Deine Antwort, Dein Verstehen. Vielen lieben Dank.

Liebe Menschen, ich bin durch die -meine- Scham gegangen, und es geht mir jetzt gut damit. Wie bei der Spiegelarbeit beginne ich nun, im Nachhinein, zu verstehen wie gut das ALLES war für mich. Was für ein Geschenk!

Dieses Dänemarkerlebnis, oben beschrieben, war mein "inneres" Dänemark.

Eine tiefe Zeit, ich denke für jeden von uns, die wir die eine Woche dort verlebten.

Doch wir haben auch viel gelacht zusammen, das Essen war IMMER seeehr lecker; alle waren wir voller Eifer dabei, die inneren Rots, Gelbs und Blaus auch mit den Pinseln zum Eigen-Leben zu erwecken, in Beziehung miteinander zu bringen.

Oh, und ich habe mit Marlies in der Nordsee gebadet, kurz vor Oktober!! Wie Kinder gelacht und gekreischt, unter Wellen durchgetaucht. War wundervoll!
So, dies für heute.
Bis bald! Alles Liebe von Viola.

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